Skizzen beider Gerätschaften aus der Feder von Raemdonck finden sich im Archiv des Cercle archéologiquedu pays de Waas, St.Niklaas. Sie wurden abgedruckt in dem Buche Gérard Mercator Cosmographe le temps et l'espace - sous la direction de Marcel Watelet, Octobre mil neuf cent quatre-vingt-quatorze par le Fonds Mercator de la Banque Paribas Belgique.
Vorbemerkung

Nach der Veröffentlichung des Faksimiles der Weltkarte von 1569 haben mich die beiden Briefe Gerhard Mercators von 1554 - einerseits an Kaiser Karl V. und andererseits an Philipp Melachton gerichtet - beschäftigt, da sie beide zu Restruktionen - ähnlich wie bei der Entwurfsmethode der Weltkarte - Veranlassung geben.

Die declaratio war als Handreichung für Karl V. zum Gebrauch der "mathematischen Gerätschaften" gedacht, die Mercator für den Kaiser herzustellen und 1554 nach Brüssel zu bringen hatte.
Der Brief an Melanchton schildert die Umstände, die Mercator bei seinem Besuch in Brüssel antraf. 
Beide Briefe ergänzen sich inhaltlich. Die Gründe - allerdings - , die Mercator bewogen haben, Melanchton über den Brüssel-Besuch Bericht zu erstatten, blieben bis heute unbekannt.

Die declaratio gibt Veranlassung, die beiden "mathematische Gerätschaften" aus ihrem dort beschriebenen Gebrauch zu rekonstruieren:

einerseits gilt es, den "Doppelglobus" mit seiner interessanten mechanischen Struktur wiederherzustellen, 
andererseits gilt es wegen der Anzahl der astronomischen Aufgaben, die Mercator mit seinem annulus astronomicus zu lösen sucht, auch diesen zu rekonstruieren, da beide Gerätschaften nicht auf uns gekommen sind.
Jan van Raemdonck, der zweite (große) Biograph Gerhard Mercators nach Walter Ghim, gab die declaratio, die man 1866 in der Form einer Abschrift in Mailand aufgefunden hatte, 1868 in St.Niklaas heraus.

DECLARATIO
INSIGNIORUM UTILITATUM
QUAE SUNT IN GLOBO TERRESTRI, COELESTI,
ET ANNULO ASTRONOMICO
AD
INVICTISSIMUM ROMANUM IMPERATOREM CAROLUM QUINTUM

Beschreibung 
der wichtigsten Anwendungen, die mit dem Doppel-Globus 
sowie dem Astronomischen Ring durchgeführt werden können
zugeignet 
dem unbesiegbarsten Römischen Kaiser Karl V.

Übertragen von Melanie Manetti - bearbeitet, verantwortet und mit Anmerkungen versehen von F.Wilhelm Krücken


I
[ DE QUIBUS PROBLEMATIBUS
et ]
DE USU1 GL0BI TERRESTRIS
I
Über [ einige Probleme
und ]
den Gebrauch des Erdglobus

Multa essent de magnetis usu dicenda, Invictissime Caesar, si quis secreta eius vellet omnia explicare. Sed quia maiore studio, experientia, altiore inquisitione egent quam multa etiam difficilia mathematicarum speculationum, ideo nunc tantum tractabo de usu eius in inquirenda longitudine locorum, rem inauditam, veram tamen: quam si sensero Majti tuae gratam esse, alacriter me dedam ad secretissima utilissimaque geographiae quae in magnete sunt investiganda promendaque.  Vieles wäre über den Gebrauch des Magneten zu sagen, unbesiegbarer Kaiser, wenn jemand alle seine Geheimnisse erklären wollte. Aber da sie größerer Bemühung, Erfahrung und tiefergehenderer Untersuchung bedürfen als viele - sogar schwierige - [Probleme] mathematischer Überlegungen (Spekulationen), werde ich deshalb jetzt nur seinen Nutzen bei der Frage nach Ortslängen behandeln, - einer Sache, von der man bislang wenig gehört hat. Gleichwohl, so es Eurer Majestät beliebt, werde ich mich mit freudigem Eifer der Erforschung und Offenlegung der verborgensten und nützlichsten  [Eigenschaften] des Magneten im Hinblick auf die Geographie widmen.

ESSE POLUM ALIQUEM MAGNETIS ET UBI SIT
Daß es einen gewissen Magnetpol gibt, und wo es ihn gibt

1. Primum, satis a philosophis probatum est: quod quicquid movetur ad aliquem terminum movetur, et, si motus est localis, terminus quoque locus aliquis est;  1. Zum Ersten ist von den Philosophen hinlänglich erwiesen, daß das, was immer sich bewegt, sich auf irgendein Ziel hin bewegt. Findet die Bewegung an einem [festen] Ort statt, so befindet sich auch das Ziel an einem [festen] Ort.
acus sive lingula magneti attrita movetur localiter, ergo terminus quem petit locus aliquis est. Die Spitze oder das Zünglein einer magnetisierten [mit einem Magneten bestrichenen] Nadel bewegt sich lokal [d.h. an einem festen Ort], also ist auch das angestrebte Ziel [dieser Bewegung] irgendein [fester] Ort.
Is locus fixus est, quoniam in uno aliquo oppido semper in eandem partem dirigitur acus, Dieser Ort ist ein fester [unbewegter], da ja die [Spitze der] Magnetnadel in einer beliebigen Stadt immer in dieselbe Richtung gelenkt wird.
idque non in septentrionem, sed declinat a septentrione in ortum vel in occasum; et quia omnis punctus coeli qui est extra polum movetur speculariter, non potest hic locus in coelo esse, nam tum sequeretur quod lingula in uno oppido vel loco deberet aliquando declinare in ortum a septentrione, aliquando in occasum, sequendo scilicet punctum illud mobile, quod falsum esse experientia quotidiana docet. Keineswegs aber wird sie immer nach Norden abgelenkt, sie weicht vielmehr von Norden nach Westen oder von Norden nach Osten ab. 
Da sich aber jeder Punkt am Himmel verschieden vom Nordpol augenscheinlich [um den Pol] bewegt, kann dieser Ort [auf den die Magnetnadel weist] nicht am Himmel sein, denn daraus würde folgen, daß die Spitze des Magneten in einer [bestimmten] Stadt oder an einem [bestimmten] Ort bald von Norden nach Osten, bald von Norden nach Westen abweichen müßte, indem sie dem nicht-festen Ort [am Himmel] folgt, was aber nicht richtig ist, wie der tagtägliche Erfahrung zeigt.
Non est ergo hic locus ad quem movetur magnes in coelo, sed in terra cuius omnes partes fixae sunt,  Es liegt also dieser Ort, auf den hin sich der Magnet bewegt, nicht am Himmel, sondern auf der Erde, deren Örter [Gegenden] alle unbewegt sind.
Atque videtur hic locus apte vocari posse polus magnetis. Es scheint also tatsächlich so zu sein, daß dieser [feste] Ort [auf der Erde] rechtens als "Magnetpol" bezeichnet werden kann.

INQUISITIO LONGITUDINIS AC LATITUDINIS POLI MAGNETIS
Die Erforschung2 der Länge und der Breite des Magnetischen Pols.

2. Ut autem poli huius longitudo et latitudo exacte inveniantur, necesse est habere declinationes magnetis a septentrione observatas in duobus locis quorum latitudo sit nota et differentia longitudinis sit mediocriter magna et nota.  2. Damit man aber die Länge und die Breite des Magnetpoles genau bestimmen kann, muß man die Abweichungen der Magnetnadel von der Nordrichtung an zwei Stellen beobachtet haben, deren Breite und deren Längenunterschied von mittlerer Größe bekannt sein muß.
Ex his declinationibus facile poterit demonstrari in qua longitudine et latitudine sit polus magnetis, Aus diesen Abweichungen wird man leicht nachweisen können, in welcher Länge und welcher Breite der Magnetpol liegt.
sic: quia intelligo quod magnes sive acus magneti attrita verum septentrionem ostendit in Insula Corvi, et Lovanii expertus sum declinare a polo versus ortum circiter gradibus novem et minutis 59; praeterea notam habeo latitudinem Lovanii g: 50 m: 54, et differentiam longitudinis inter Insulam Corvi et Lovanium g: 36 m: 31. Und zwar folgendermaßen:
Ich weiß, daß ein Magnet oder die [mit ihm] bestrichene Magnetnadel auf der Insel Corvo tatsächlich nach Norden zeigt. Ich habe zudem [noch] in Löwen herausgefunden, daß sie vom Magnetpol ca. 9°59' nach Osten abweicht; des weiteren kenne ich die Breite von Löwen mit 50°54' und den Längenunterschied zwischen Löwen und der Insel Corvo, der 36°31' beträgt.
Ex his colligo: latitudinem poli magnetis esse g: 73 m: 2 proxime, et differentiam longitudinis inter Lovanium et polum magnetis esse g: 143 m: 29; cumque Lovanium sit in longitudine g: 26 m: 5, erit longitudo poli magnetis in gradu 169 minuto 34. Aus all diesem schließe ich, 
daß die Breite des Magnetpols 73° und ungefähr 2' und der Längenunterschied zwischen Löwen und dem Magnetpol 143°29' beträgt. Da nun Löwen auf einer Länge von 26°5' liegt, wird die Länge des Magnetpols  169°34' betragen.
In hac iam inventa longitudine et latitudine, signavi polum magnetis in globo astrifero, eo quod in terrestri non daretur commodus usus huius poli propter circumpositam sphaeram. In dieser soeben gefundenen Länge und Breite habe ich den Magnetpol auf dem Himmelsglobus aufgetragen, da es auf dem Erdglobus wegen der ihn umschließenden Himmelssphäre keinen angemessenen Gebrauch von ihm gäbe.

INVENTIO LONGITUDINIS PER MAGNETEM
Wie man den Längengrad (eines Ortes) mit Hilfe des Magneten findet

3. Quando igitur sumenda est longitudo alicuius loci per magnetem, oportet primum scire latitudinem loci, deinde invenire lineam meridianam et illi applicare acum magneti attritam, et videre quot gradibus et minutis declinet a septentrione in eo loco et versus quam partem declinet, versus ortumne an versus occasum. 3. Wenn also der Längengrad irgendeines Ortes mit Hilfe des Magneten ermittelt werden soll, so muß man zuerst den Breitengrad des Ortes wissen3, dann den Meridian finden und auf ihn die [mit einem Magneten bestrichene Nadel, d.i. die] Magnetnadel ausrichten; danach schaue man nach, um wieviel Grad und Minuten sie an dieser Stelle von Norden abweicht und bestimme die Richtung [der Abweichung]: nach Osten oder nach Westen.
Inventa nunc latitudine loci et magnetis declinatione, collocandus est globus secundum inventam latitudinem, similiter et quarta altitudinis; deinde, a sectione meridiani et horizontis quae versus septentrionem est, computandi sunt tot gradus et minuta in horizonte quot declinabat magnes a septentrione et versus eandem partem, hoc est vel versus orientem vel versus occidentem. Hat man nun den Breitengrad und die Abweichung der Magnetnadel festgestellt, muß man den Globus dementsprechend einrichten und in gleicher Weise den Höhenquadraten einstellen. Alsdann hat man von dem nordwärts liegenden Schnittpunkt von Meridian(ring) und Horizont(ring) [d.h. dem Gradmaß des Schnittpunktes] soviele Grade und Minuten zu- bzw. abrechnen, wie der Magnet von Norden abgewichen ist, d.h. nach Osten [+] bzw. nach Westen [-].
Huic gradui et minuto applicandum est latus fiduciale quadrantis altitudinis, eoque ibi fixo serico, tum vertendus globus quousque polus magnetis sit directe sub latere fiduciali quartae altitudinis, ac tum aequatoris gradus et m: quod est sub meridiano, vera est longitudo dati loci. Auf diese [resultierende] Angabe in Grad und Minuten hat man den Meßschenkel des Höhenquadranten4 einzustellen. Nachdem man dort ein Fähnchen befestigt, hat man den Globus solange zu drehen, bis der Magnetpol direkt unter dem Meßschenkel des Höhenquadranten liegt. Die wahre Länge des gegebenen Ortes wird dann in Äquator-Grad und -Minuten unter dem Meridian bestimmt.
Scire tamen oportet quod dum, fixa quarta altitudinis, circumvolvitur globus, bis veniet polus magnetis sub quartam altitudinis: sed quando multum differunt longitudines utriusque contactus, facile est indicare quae longitudo ex duabus sit sumenda; quando vero parum, non ita facile. Plurimum autem differunt longitudines amborum contactuum, in locis qui sunt iuxta meridianum qui transit per Insulam Corvi et iuxta oppositam partem; deinde ubique fere satis differunt, exceptis locis qui sunt proxime longitudines 80 graduum et 260 graduum : ibi enim uterque contactus prope in eandem longitudinem incidit. Verumtamen qui proficiscitur aut navigat versus orientem aut occidentem et saepius tentat, per compassum sive acum, an praeterierit maximam declinationem magnetis a septentrione an non, in paralello profectionis suae is non errabit in sumenda longitudine, etiam proxime gradus longitudinis 80 et 260 : quamdiu enim non praeterierit illos, crescet declinatio magnetis; quando vero praeterierit, incipiet minui Man sollte allerdings beachten, daß der Magnetpol - nach Fixierung des Höhenquadranten - zweimal unter den Höhenquadranten kommen wird. In dem Falle, daß die Längengrade beider Berührungspunkte stark voneinander abweichen, ist leicht anzugeben, welcher Längengrad aus beiden zu ermitteln ist; in dem anderen Falle, wenn die Abweichung gering ist, nicht so leicht.
Am stärksten differieren die Längengrade beider Berührungspunkte an den Orten, die in der Nähe des Meridians liegen, welcher durch die Insel Corvo geht, - und in der Nähe der entgegengesetzten Seite. Ansonsten weichen sie fast überall hinreichend voneinander ab, ausgenommen an Orten, die ganz nahe bei den Längen von 80° und 260° liegen: dort fallen nämlich beide Berührungspunkte fast mit dem betreffenden Längengrad zusammen.
Gleichwohl: wer gegen Osten oder Westen reist oder segelt und öfter versucht, mittels Kompaß oder einer magnetisierten Nadel - ob er nun eine sehr starke Abweichung des Magneten vom [irdischen] Nordpol vermeiden kann oder nicht -, der wird auf dem Breitengrad seines Reiseweges beim Ermitteln des Längengrades nicht irren (sogar ganz nahe bei 80° oder 260°) : solange er nämlich nicht an diesen vorbei ist, wird die Abweichung des Magneten zunehmen, sobald er aber vorbei ist, beginnt sie abzunehmen.

INVENIRE MAGNETIS DECLINATIONEM QUODLIBET LOCO PER GLOBUM
Wie man die Magnetische Abweichung an einem beliebigen Ort mit Hilfe des Globus findet
4. Posito meridiano ad latitudinem dati loci, et globo circumducto donec loci longitudo fuerit sub meridiano, ponatur quarta altitudinis super polum magnetis, et ostendet eadem quarta in horizonte quot gradibus et minutis et in quam partem declinet magnes a meridiana linea in illo loco. 4. Wenn man den Meridian auf den Breitengrad5 eines gegebenen Ortes eingestellt und den Globus solange gedreht hat, bis der Längengrad des Ortes unter dem Meridian zu liegen kommt, werde der Höhenquadrant über den Magnetpol gesetzt. Der Höhenquadrant wird alsdann auf dem Horizontring anzeigen, um wieviel Grad und Minuten und in welcher Richtung der Magnet von der Meridianlinie an jener Stelle abweicht.

DE CONTROVERSIA QVAE EST DE lNSULIS MOLUCCIS DIRIMENDA
Über die Kontroverse, die mit der "Moluccenfrage" (der Trennung der Einflußsphären Portugals und Spaniens) einhergeht

5. Jam ea controversia quae est de Insulis Moluccis facile decidi posset, hoc semper praesupposito quod in Insula Corvi magnes verum septentrionem ostendat. Si enim ibi quoque magnes verum septentrionem ostendaret, essent in eodem meridiano; si vero magnes declinaret in orientem, essent occidentaliores meridiano Corvi; et si declinaret in occidentem, essent orientaliores eodem meridiano. Et quoniam Insulae Moluccae non multo orientaliores sunt hoc meridiano, quantum ex navigationibus colligi potest, facile iam dicto modo earum
longitudo inveniretur
5. Der Streit um die Molukkeninseln könnte leicht entschieden werden, immer vorausgesetzt, daß auf der Insel Corvo der Magnet den wahren (magnetischen) Nordpol anzeigt.
Wenn nämlich auch dort der Magnet den richtigen Norpol anzeigen würde, lägen sie auf demselben Meridian; wenn aber der Magnet nach Osten abwiche, lägen sie westlicher als der Meridian von Corvo; und wenn er nach Westen abwiche, wären sie östlicher (gelegen) als ebendieser Meridian.
Und da die Molukken-Inseln nicht viel östlicher sind als dieser Meridian - soweit man aus den Seereisen schließen kann - , wäre leicht - wie schon gesagt - ihr Längengrad zu ermitteln.

DE LONGITUDINE EUROPAE CASTIGANDA, ET QUOD MERIDIANUS INSULAE CORVI NON TRANSIT PER NOVAM INDIAM SED SIT ORIENTALITER
Über die Korrektur6 der Länge Europas, und daß der Meridian der Insel Corvo nicht durch Neu-Indien hindurchgeht, sondern sich weiter östlich befindet

6. Errores Ptolomei in longitudine terrarum tam Africae quam Europae, quae sunt iuxta oceanum occidentalem sive iuxta initium longitudinum, fecerunt ut aliud plerique recentiores statuant, in divisione bifariae orbis, quam quod res habet: faciunt enim meridianum qui per Insulam Corvi ducitur, abscindentem magnam portionem Americae sive Novae Indiae nempe Bresiliam, cum orientaliter sit quam Bresilia, ita ut Caput sancti Augustini non attingat. 6. Die Irrtümer des Ptolemäus bezüglich der Länge der Länder sowohl Afrikas als auch Europas, die am westlichen Ozean liegen oder am Beginn der Längengrade, haben bewirkt, daß die meisten [späteren] Forscher etwas anderes feststellen bei der Aufteilung der Erde in zwei Teile, als es sich (tatsächlich) verhält: Sie lassen nämlich den Meridian, der durch die Insel Corvo7 hindurchgeht, einen großen Teil [Süd-]Amerikas oder Neu-Indiens abschneiden, nämlich Brasilien, obwohl er östlicher liegt als Brasilien, so daß er sogar das Kap St.Augustin nicht berührt.
Ratio erroris Ptolomei est : quod putaverit littora Africae a Columnis Herculis recta in meridiem extendi, quemadmodum et Hannonis Cartaginiensis antiqua navigatio habet; ergo, cum a Canariis Insulis ordiatur terrarum longitudines, coactus fuit Galliam et maxime Hispaniam multum in occidentem extendere ut Africae littus a Columnis hanc extensionem in meridiem assequeretur. Quod autem Africam deinceps a Cartagine item Galliam et potissimum Hispaniam nimium in occidentem extenderit, manifeste videbit quicunque navigationes omnes quae circum Europam a nostris hactenus factae sunt tam in Mediterraneo mari quam nostro septentrionali oceano, itemque per Africa littora factae sunt usque ad Columnas, recte omnes inter se contulerit, ac deinde consideraverit a freto Herculis ad postremam Canaricarum Insularum quae Ferrum dicitur, non esse cursum in meridiem ut fere Ptolomeus ponit, sed in Austro-Zephirum aut etiam occidentaliorem.  Der Grund für den Irrtum des Ptolemäus ist, daß er glaubte, die Küsten Afrikas erstreckten sich direkt von den Säulen des Herkules nach Süden8, wie denn auch die alte Seeroute des Karthagers Hanno es mit sich bringt.
Da er [Ptotelmäus] die Längen der Länder bei den Kanarischen Inseln beginnen läßt, war er also gezwungen, Gallien und besonders Spanien weit nach Westen auszudehnen, damit Afrikas Küsten von den Säulen [des Herkules] diese Ausdehnung nach Süden erreichen könne.
Daß er aber nacheinander Afrika von Karthago aus, ebenso Gallien und besonders Spanien nach Westen ausdehnte, wird jeder deutlich sehen, der alle Seefahrten richtig miteinander vergleicht, die um Europa herum von unseren Seeleuten bisher gemacht wurden - sowohl im Mittelmeer als auch in unseren nördlichem Meer [Nordsee] als auch an den afrikanischen Küsten entlang bis zu den Säulen des Herkules [Straße von Gibraltar] wie bis zur äußersten Spitze der Kanarischen Inseln, die "Ferro" [Hierro] heißt - , und es gibt keine südliche Route, wie sie Ptolmäus festlegt, sondern [alle führen] nach Südwesten oder sogar nach Westen.
Nam qui secundum hanc considerationem diligenter omnia pinxerit, inveniet : Africam occidentem versus usque ad Cartaginem et paulo ultra, Europam vero usque ad Galliam, Ptolomei longitudines satis recte assequi; occidentaliora vero multum contrahi, nimirum ita navigationum cursibus locorumque distantiis cogentibus. Deinde si quis hoc addat ut Strabonem, Antoninum Pium Arriani Ponticam navigationem, Herodotum et quicunque praeterea sunt eiusdem temporis fidissimos autores consulat, et, ubi deficiunt hi, recentiores adhibeat itinerarios, instructus etiam distantiae locorum multa undique conquisita copia, si quis, inquam, ex his ita sibi concinnet Europae cum adiacentibus regionibus Asiae, Africae, descriptionem, ut et autores hosce inter se, et navigationes omnes inter se, et autores navigationibus conciliatos habeat quam potest proxime, inveniet : longitudinem Europae multum in orientem contrahi ita ut occidentalia Hispaniae littora, ubi Caput Finis terrae est, ad 20 graduum longitudinis retrahantur, quae Ptolomeus ponit in gradu 5 cum 1/4; item, Caput Sancti Vincentij habeat in longitudinem graduum 2 fere, quod Ptolomeo est in 3 gradu. Denn wer gemäß dieser Überlegung sorgsam alles zeichnerisch darstellt, wird herausfinden, daß das westliche Afrika bis nach Karthago hin und kurz darüber hinaus und Europa tatsächlich bis nach Gallien die von Ptolemäus angegebenen Längen ziemlich genau erreichen, daß aber die westlicheren [Längen] stark zusammengedrängt werden, wozu freilich - kein Wunder - die Seerouten und die Entfernungen zwischen den Orten zwingen.
Wenn jemand dann noch zusätzlich bei Strabo, Antoninus Pius, in Arrians Navigatio Pontica [Seereise auf dem Pontus Euxinus / dem Schwarzen Meer], bei Herodot und weiteren absolut zuverlässigen Autoren derselben Zeit nachliest, und
wenn er - wo diese [nämlich: alte Zeugnisse] nicht vorhanden sind - spätere Routenbeschreibungen hinzunimmt, und
wenn er - aufmerksam geworden - aus der von überall her gesammelten großen Menge der Entfernungen der Orte sich die Beschreibung Europas mit den angrenzenden Gebieten von Asien und Afrika so zurechtlegt, daß er diese Autoren miteinander und alle Seerouten untereinander und die Autoren mit den Seerouten möglichst genau in Einklang bringt, 
so wird der herausfinden, daß die Länge[nausdehnung] Europas stark nach Osten verkürzt wird, derart daß die Länge[nausdehnung Spaniens] bis zur Westküste Spaniens - d.h. bis hin zum Kap Finisterre - sich auf 20° hinzieht9. Kap Finisterre setzt Ptolemäus auf 5.1/4° Länge; item Cabo Sao Vicente auf nahezu 2° Länge, welches Ptolemäus bei 3° ansetzt.
Haec ita se habere experti sumus ex huiusmodi Europae et vicinarum regionum descriptione, in qua quidquid ex veteribus, quidquid ex neotericis, quidquid ex peregrinantium testimoniis, quidquid ex geographicis ex marinis tabulis adminiculi poterat haberi ita conciliavimus, ut omnia quam elegantissime respondeant; ita ut non dubitem hanc quam proxime esse longitudinem Hispaniae. Daß dies sich so verhält haben wir aus einer damaligen Beschreibung Europas erschlossen, in der wir alles, was aus alten oder aus modernen Zeugnissen, aus Zeugnissen von Reisenden, aus Land- und Seekarten brauchbar war, so miteinander vereint haben, daß alles möglichst logisch zusammenpaßt.
Ich zweifle daher auch nicht, daß dies [die um 6° Längengrad verkürzte Längenausdehnung Spaniens] so genau wie möglich die Länge[nausdehnung] Spaniens ist.
Et quidem, in ea nostra descriptione, non recedunt longitudines locorum a longitudinibus Ptolomei nisi a Colonia Agrippina et ab Italia deinceps in occidentem, idque in Gallia non multum, ita ut vetus Insula Anglica adhuc longitudinem Ptolomei retineat, Hispania vero magis recedat. Insula quoque Ferrum, postrema Fortunatarum, manet in longitudine Ptolomei.  Allerdings sind in dieser unserer Darstellung die Längen der Orte nicht kleiner als die des Ptolemäus, außer von Köln und dann von Italien aus nach Westen, in Gallien allerdings nicht so viel, so daß die alte englische Insel immer noch die Länge[nausdehung] des Ptolemäus behält, Spanien dagegen aber [um 6°] kleiner ausfällt.
Auch die Insel Ferro [Hierro], die äußerste der Fortunatae [der ehemals so genannten 'Glücklichen Inseln'] behält die Länge wie bei Ptolemäus10.
 His ita positis, supputemus quantum differat longitudine Insula Corvi ab extremo littore Hispaniae : quoniam autem Insula Corvi distat 300 leucis a proximo littore Portugalliae, quod Olissiponam [Lisboam] circa est, id quod in paralello latitudinis 39 graduum fere, comprehendent hae 300 leucae longitudinem graduum 21 1/2, proxime, quare Insula Corvi erit in longitudine gr. 349 1/2, est enim littus proximum Olissiponae in gradu longitudinis 2 fere. Atqui Caput sancti Augustini in Bresilia, pro ratione distantiae ab Africa quam veriores quaeque tabulae habent, consistit in gradu longitudinis 348 : meridianus ergo qui per Insulam Corvi ducitur, orientalior est Bresilia 1 gr. cum 1/2.  Nach diesen Feststellungen wollen wir berechnen, wie weit die Insel Corvo in der Länge von der äußersten [West-]Küste Spaniens [Kap Finisterre] entfernt ist.
Da jedoch die Insel Corvo 300 Leguen [Meilen] von der nächsten Küste Portugals entfernt ist - die bei Lissabon liegt - , also in einer Länge ungefähr parallel dazu auf dem 39. Breitengrad [genauer etwa 39.5°] liegt, so werden diese 300 Leguen etwa die Länge[nausdehung] von 21.1/2° umfassen. Daher liegt die Insel Corvo in der Länge von 349.1/2°, denn die nächstliegende Küste von Lissabon liegt auf etwa 2° Länge.
Nun aber liegt Kap St.Augustin in Brasilien - gemäß der Entfernung von Afrika, die alle glaubwürdigen Karten haben - auf dem 348. Längengrad.
Also verläuft der Meridian, der durch die Insel Corvo geht, um 1.1/2° weiter östlich von Brasilien.
Haec tuae Majti breviter pro nostro captu significare volui, ut super hac re per opportunitatem altius cogitare possit. Das wollte ich Euer Majestät hinsichtlich meiner Auffassung kurz darlegen, damit Sie über das Problem bei Gelegenheit weiter nachdenken kann
Þ usus globi coelestis